Bilanz zum Welttierschutztag am 4. Oktober 2002:
Die vor zwei Jahren unter dem Motto „Aufbruch und Erneuerung“ angetretene Bundesregierung bleibe die Einlösung ihrer Versprechungen noch immer schuldig. Weder die Tierhaltungsverordnungen seien verbessert noch die Tiertransportzeiten verkürzt worden. Obwohl das Bundesverfassungsgericht die alte Hennenhaltungs-Verordnung wegen Verletzung des Tierschutzgesetzes für unwirksam erklärt habe, sei dies für die nahezu 50 Millionen in Drahtkäfigen eingepferchten Legehennen in Deutschland bis heute ohne Konsequenzen geblieben. Diese Schreckensbilanz dürfe nicht zugunsten des bloßen Profits weniger Agrarindustrieller fortgeschrieben werden. Da die EU-Richtlinie nur eine Mindestgrenze nach unten ziehe, sei Bundesminister Funke verpflichtet, die Beseitigung der Käfighaltung ohne weiteren Aufschub zu verordnen und der Umstellung auf eine tierfreundlichere Boden- und Volierenhaltung nicht länger im Wege zu stehen. Stattdessen halte der von Funke vorgelegte neue Verordnungsentwurf vom 17. August 2000 weiterhin an Kleinkäfigen fest. Die nahezu unveränderte Festschreibung der Tierquälerei in Altanlagen aufgrund formell vorliegender Genehmigungen beschäftige bereits Staatsanwaltschaften in zahlreichen Ermittlungsverfahren gegen Halter von Legebatterien. Auch bei den europaweiten und internationalen Tiertransporten habe sich nur wenig geändert. Die Ausfuhr von lebenden „Schlachttieren“, hauptsächlich von Deutschland und Irland aus, nach Ägypten und in den Libanon habe sich im letzten Jahr sogar um ein Drittel erhöht, auf 335 572 Tiere. Die Bundesregierung drücke sich vor der Forderung nach einer endgültigen Streichung der Exportsubventionen. Von den angekündigten Bemühungen um eine deutliche Verkürzung der Transportzeiten von „Schlachttieren“ sei ebenfalls bisher nichts zu spüren. Nicht Deutschland, sondern Schweden plane für die nächsten Monate eine neue Offensive in der EU zur Umstellung auf Fleischtransporte. Auch Defizite in anderen Bereichen machen die Tierschützer aus: Bei der Haltung von sogenanntem „Mastgeflügel“, also Masthähnchen, Puten, Enten und Gänsen, verlasse sich Funke auf freiwillige Vereinbarungen mit der Wirtschaft. Auch die neuen Leitlinien für die Haltung von Tieren in Zirkussen seien weiterhin unverbindlich. Die Haltung der deutschen Bundesregierung bei der Diskussion um eine EU-weite Abschaffung der Schweinehaltung in Kastenständen und der betäubungslosen Kastration von männlichen Ferkeln stehe momentan auf dem Prüfstand. Noch negativer fällt die Bewertung der CDU/CSU-Opposition in Sachen Tierschutz aus. Die erneute Blockade der Aufnahme des Tierschutzes ins Grundgesetz entwerte das Tierschutzgesetz mit der Folge, dass eine ethisch begründete Begrenzung der Wissenschaftsfreiheit und eine effektive Prüfungspflicht bei der Beantragung von Tierversuchen durch die Behörde nicht mehr wahrgenommen werde. Dies widerspreche jedoch der europäischen Tierversuchs-Richtlinie. Im Konfliktfall könne es somit zu einer Vorlage beim europäischen Gerichtshof kommen. Der Bundesverband habe sich deshalb kürzlich an die CDU-Parteivorsitzende Angela Merkel gewandt. Die CDU/CSU müsse sich den Vorwurf einer Europafeindlichen Haltung gefallen lassen, wenn sie ihre Verweigerung der Aufnahme des Tierschutzes ins Grundgesetz nicht endlich aufgebe. Bundesverband der Tierversuchsgegner – Menschen für Tierrechte e.V. |