Ärztevereinigung protestiert:
Junge Katzen als Messgerät missbraucht

 

Pressemeldung (Vereinigung „Ärzte gegen Tierversuche“ e. V.)
Ärztevereinigung protestiert: Junge Katzen als Messgerät missbraucht Lebende Tiere als Teil einer Versuchsanordnung mit elektronischen Messgeräten – so sieht der Alltag in deutschen Forschungslaboratorien aus. Tierversuche beinhalten keinesfalls nur das „Probeschlucken“ neuer Medikamente, bevor diese beim Menschen zum Einsatz kommen. Viele Experimente sind schmerzhaft, grausam, lebensverachtend – und immer überflüssig.

„Ein Bolzen aus Titan wird zur Fixierung des Kopfes mit Hilfe von Zahnkleber und Schrauben aus rostfreiem Stahl am Schädelknochen befestigt. Messelektroden werden im Jochbein hinter dem Auge implantiert, um Augenbewegungen zu erfassen.“ Derart sachlich liest sich die (aus dem Englischen übersetzte) Beschreibung einer Versuchsvorbereitung aus dem Frankfurter Max-Planck-Institut für Gehirnforschung. Die mit den Titanbolzen versehenen Tiere sind in diesem Fall 21 Katzen. Den meisten wurde im Alter von 3 Wochen ein Augenmuskel durchtrennt, um sie zum Schielen zu bringen. Nachdem sie sich von der Operation erholt hatten, mussten sie oben beschrieben Prozedur über sich ergehen lassen. Diese diente jedoch lediglich der Vorbereitung weiterer Leiden.

„Der Kopf wird mit Hilfe des Fixierungsbolzens an einem Metallrahmen fixiert. Zwei Spiegel werden so vor den Augen in Stellung gebracht, dass jedes Auge auf einen separaten Bildschirm schaut.“ Nun wird mit den in den Knochen implantierten Messelektroden die Reaktion der Augen auf bestimmte Muster erfasst. Die Katze ist während des gesamten Versuchs bewegungslos mit dem Kopf an einem Metallrahmen festgeschraubt. Sie dient als lebendiger Teil eines Versuchsaufbaus: Das Tier nimmt über die Augen die dargebotenen Reize auf und reagiert mit Augenbewegungen, die über die im Knochen implantierten Elektroden verfolgt werden. Das lebendige, fühlende, schmerzempfindende Tier wird zum bloßen Gerät degradiert.

Der unter Leitung des bekannten Frankfurter Hirnforschers Wolf Singer durchgeführte Versuch wurde in einer angesehen medizinischen Fachzeitschrift (Vision Research 41, 2001: 771-783) veröffentlicht. Mit Experimenten dieser Art sollen Vorgänge beim Sehen im Gehirn von schielenden und normalen Katzen geklärt werden. Aber der Nutzen solcher Experimente für die Medizin ist mehr als fraglich. Die Autoren räumen selber ein, dass das visuelle System der Katze sich von demjenigen des Menschen unterscheidet und somit ein Vergleich schwierig ist.

Dies ist aber nicht nur bei dem beschriebenen Katzenversuch der Fall, sondern grundsätzlich bei jedem Tierexperiment. Die Vereinigung „Ärzte gegen Tierversuche“ e. V. prangert dies seit langem an. Immer noch hält die Forschung am Tierversuch als Methode fest. Dabei bleibt unberücksichtigt, dass alle Tierarten – und natürlich auch der Mensch – bezüglich physiologischer Vorgänge, Stoffwechselprozesse, Erbmaterial, Bedarf an Nahrung usw. erhebliche Unterschiede aufweisen. Ergebnisse aus Tierversuchen können also generell nicht ohne weiteres auf den Menschen übertragen werden.

Der beschriebene Versuch ist nur ein Beispiel in einer langen Reihe von Tierexperimenten, die tagtäglich in deutschen Universitäten, Pharmakonzernen und Forschungsinstituten – vielfach finanziert durch Steuergelder – durchgeführt werden und immenses Tierleid verursachen. Außerdem stellen sie eine Gefahr für den Menschen dar, wenn sorglos auf die Übertragbarkeit der Ergebnisse vom Tier auf den Menschen vertraut wird.

In der „Datenbank Tierversuche“ sind mehr als 2000 Experimente aufgelistet, die in den letzten Jahren an deutschen Forschungsinstituten mit Affen, Hunden, Katzen, Schafen, v. a. aber Ratten und Mäusen durchgeführt wurden. Darunter finden sich auch Dutzende von Experimenten mit Katzen. Zu den schauerlichsten gehören Versuche mit kleinen Kätzchen, denen kurz nach der Geburt die Augen zugenäht oder die zusammen mit ihren Müttern im Dunkeln aufgezogen werden, um später Schäden und Störungen in der Entwicklung des Gehirns nachzuweisen.

Diese Datenbank ist im Internet über die Homepage der Vereinigung „Ärzte gegen Tierversuche“ e. V. (www.aerzte-gegen-tierversuche.de) zugänglich. Die rund 250 Mitglieder dieser Vereinigung (Ärzte, Tierärzte, Naturwissenschaftler und Psychologen) engagieren sich seit mehr als 25 Jahren für die Abschaffung des Tierversuchs. Neben dem Leiden der Tiere werden die Gefährdung der Patienten durch falsches Vertrauen in tierexperimentell gewonnene Erkenntnisse kritisiert.

Kontakt:
Dr. Elke Nörenberg, Pressesprecherin Vereinigung

„Ärzte gegen Tierversuche“ e. V.
Tel: 0511 / 21 54 606 Fax: 0511 / 21 54 607 
Email: presse@aerzte-gegen-tierversuche.de 

     
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