Hamburg. Der Gründer und Chef des Deutschen Tierhilfswerks (DTHW) soll nach Recherchen des Magazins „Focus“ 100 Millionen Mark Spendengelder abgezockt haben. Kein Einzelfall, meint die Verbraucherzentrale. Die schnelle Mark mit dem Tierschutz wird auch in Hamburg gemacht.

„Mit Maschinenpistolen gegen einen harmlosen Waschbären“, „Kettenhund befreit“ und „Hilferuf einer Igel-Mutter“. Mit Parolen dieser Güte wirbt die 1996 gegründete Tierhilfeorganisation Terra Mater (lat. Mutter Erde) mit Sitz im Hamburger Stadtteil Langenhorn um Mitglieder.

Die mal rührseligen, mal schockierenden Geschichten sind mit herzzerreißenden Bildern garniert und sollen so beim Griff zum Geldbeutel nachhelfen. Eingespannt in die Kampagnen sind auch Promis wie Witta Pohl, Ingrid Steeger („Tiere spüren unsere Gefühle“). Die Masche mit dem Mitleid funktioniert. Wer die armen Tiere bedauert und Mitgefühl zeigt, hat meist schon verloren und unterschreibt. Seit Februar 2000 ist die Mitgliederzahl von Terra Mater von 37.000 auf über 40.000 Zahlende gestiegen, wie Sprecher Achim Lottermoser stolz vorrechnet. Die Drückerkolonnen, die im Dienst der Tierschutz-Multis in Fußgängerzonen und vor Supermärkten werben und ganze Straßenzüge durchkämmen, sind nicht nur in der Vorweihnachtszeit erfolgreich. Ein Mitglied zahlt zwischen 12,50 DM und 30 DM monatlich und verpflichtet sich auf vorerst zwei Jahre. Dazu kommen 18 Mark Aufnahmegebühr. Ein gutes Geschäft, das dem Verein zwischen fünf und zehn Millionen Mark pro Jahr in die Kasse spült. „Wir unterhalten zehn Katzenstationen, ein Tierheim und zwei Gnadenhöfe“, sagt Lottermoser über den Verbleib des Geldes. „Außerdem stellen wir Strafanzeige gegen Tierquäler und leisten akute Hilfe, wo der Deutsche Tierschutzbund nicht zur Stelle ist“.

Mit der größten deutschen Tierschutzorganisation, die vor dem Geschäftsgebaren der fleißigen Geldsammler eindringlich warnt („dubioser Verein“) liegt Terra Mater im Dauerclinch. Grund: Der Verein gewährt Außenstehenden keinen Einblick in seine Bücher und ist nicht als gemeinnützig anerkannt, weil weniger als 50 Prozent der Einnahmen in die Tierschutzarbeit vor Ort fließen. Öffentlich vermeldet werden nur Futterspenden an geschundene Tiere und Kleckerbeiträge von einigen tausend Mark beispielsweise für Seehundestationen, die Katzennothilfe oder ein Tierheim auf Lanzarote. „Wir werden die Gemeinnützigkeit aber im nächsten Jahr beantragen“, verspricht Geschäftsführer Alfred Spohr.

Trotz dieser Ankündigung warnt Edda Castello von der Hamburger Verbraucherzentrale vor dem „mit an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit“ unseriösen und betrügerischen Verein. Castello hat weitere dubiose Tierschutz-Organisationen im Visier. „Auch Arche 2000, Deutsches Tierhilfswerk, Farm der Tiere, Tierschutzfonds IFAW, Tier & Natur und World Vision arbeiten mit unsauberen Methoden“.

Ein Beispiel: Der laut Homepage 50.000 Mitglieder (Jahresbeitrag 120 Mark) zählende Verein Tiere & Natur im Hamburger Stadtteil St.Georg lässt sich nicht gerne in die Karten schauen. Mitte der 90er Jahre verwies der Spendenrat darauf, dass nur fünf Prozent der Einnahmen dem Tierschutz zugute kämen. 1998 hat Tiere & Natur nach eigenen Angaben 160.000 Mark für acht Projekte wie den „Papageiengnadenhof“ oder „Katzenhaus Tilly Motz“ ausgegeben. Dazu kommen ähnliche Zuschüsse an Tierheime. Wo die restlichen Millionen blieben, erklärt das nicht.

Edda Costellos guter Rat an die Verbraucher: „Wenn die Präsentation besonders zu Herzen geht, muss man aufpassen. Man sollte niemals spenden, wenn man angesprochen wird, sondern den Spiess einfach umdrehen und selbst aktiv werden“.

Volker Stahl, Stader Tageblatt
Quelle: Bundesverband Tierschutz, Heft 4/2000

 
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